Erster massiver Wintereinbruch der Saison 2024/2025!

Nachdem am Montag, 9. September, eine Kaltfront die lang anhaltende, spätsommerliche Hitze- und Trockenperiode in der Steiermark beendet hat, folgt nun ab Donnerstag ein massiver Wintereinbruch mit voraussichtlich extremen Niederschlagsmengen in den Nordstauregionen bei gleichzeitigem Absinken der Schneefallgrenze etwa 1200 m Seehöhe.

Beginnend im Westen der Steiermark von den Gurktaler Alpen im Süden bis zum Toten Gebirge im Norden setzt bereits in der Nacht auf Donnerstag kräftiger Niederschlag bei rasch sinkender Schneefallgrenze ein. Bis Freitag, 2 Uhr (0:00 UTC, siehe Abbildung) sind in den höchsten Lagen bis zu 40 cm Neuschnee zu erwarten. Auf hoch gelegenen Passstraßen (über etwa 1200 m) ist bereits mit Straßenglätte bzw. Schneefahrbahn zu rechnen.

Prognose der Schneehöhe bis Fr. 13.9. 00UTC. Quelle: GeoSphere Austria

Allerdings ist das aus heutiger Sicht erst der Anfang einer extremen Wetterphase. Nach den derzeitigen Prognosen ist damit zu rechnen, dass ein abgekoppeltes, kleines Tiefdruckgebiet langsam um den Alpenraum zieht („Vb-Zugbahn“) und in den folgenden Tagen bis Dienstag, 17. September, großflächig rekordverdächtige Niederschlagsmengen und stürmischen Wind bringt. Nach diesen Prognosen sind die östlichen Nordstauregionen mit über 300 mm Gesamtniederschlag und einem Anstieg der Schneehöhen (unter Einberechnung der Setzung) auf über 1 m am stärksten betroffen. Die Folgen dieser Wetterlage könnten nicht nur eine erste Phase mit spontaner Lawinenaktivität in höheren Lagen, sondern auch Schneebruch mit Folgeproblemen in der Stromversorgung und eine kritische Hochwasserlage in den Niederungen sein.

Prognose der Niederschlagssumme von Mi. 11.9. 00UTC bis Di. 17.9. 18UTC. Quelle: GeoSphere Austria

Wie sich die Lage im Detail entwickeln wird, ist derzeit noch unsicher, aber bereits jetzt ist klar, dass uns eine außergewöhnliche Wetterphase bevor steht. Wir werden euch in den nächsten Tagen am Laufenden halten, wie sich die Schnee- und Lawinensituation auf den Bergen entwickelt!

Ende der Saison 2023/2024 - Ausblick auf die kommenden Tage

Mit dem 1. Mai hat der Lawinenwarndienst Steiermark die Herausgabe der regelmäßigen Lawinenberichte beendet. Fast zeitgleich wurde das Ende der Saison mit dem schon traditionellen Saisonrückblick und der Prämierung der besten Fotos aus dem Skitourenportal am Institut für Geografie der Universität Graz gefeiert. Die Siegerfotos sind in zwei Beiträgen im Tourenportal (hier und hier) zusammengefasst.

Da der Winter 2023/2024 zwar ungewöhnlich warm, aber relativ niederschlagsreich war, gibt es in höheren Lagen durchaus noch einigen Schnee, z.B. 180 cm am Grimming/Multereck (2153 m), und es ist nach wie vor die großteils geringe, aber dennoch vorhandene, Lawinengefahr zu beachten (primär Nassschneeproblem bei tageszeitlicher Erwärmung). Die Ausaperung schreitet aber zügig voran. 

Für die erste Maihälfte kündigt sich eher wechselhaftes Wetter bei meist der Jahreszeit entsprechenden Temperaturen an, es ist aber derzeit kein stärkerer Wintereinbruch in Sicht, der die Lawinensituation deutlich verschärfen könnte. Falls es dennoch noch einmal dazu kommen sollte, informieren wir euch an dieser Stelle!

Das Team des Lawinenwarndienst Steiermark wünscht euch einen schönen und unfallfreien Sommer!

Der April bringt den Spätwinter

Nach vielen Wochen frühlingshafter Bedingungen und zum Teil sogar sommerlicher Temperaturen auf den Bergen standen die Zeichen bereits deutlich auf Saisonende. Nass- und Gleitschnee dominierten die Lawinengefahr, insgesamt gab es aufgrund der bereits einige Zeit andauernden Frühjahressituation jedoch generell nur noch wenig Lawinenaktivität. Der Schnee zog sich immer weiter in die Hochlagen und Gipfelbereiche zurück, südseitig war es oft bereits bis ganz oben aper oder keine durchgängige Schneedecke mehr vorhanden.

Abbildung 1: Wetterverlauf (Wind, Temperatur, Schneehöhe) an unserer Wetterstation am Loser ab Mitte März.

Gut zu erkennen ist der frühlingshafte Wetterverlauf an unseren Wetterstationen, wie zum Beispiel in der Grafik vom Loser (Abb.1). Mit kurzen Unterbrechungen hielt in mittleren Lagen bereits seit Mitte März der Frühling Einzug. Die Temperaturen lagen meist deutlich über Null, mit Spitzenwerten an den ersten beiden Aprilwochenenden, an denen in 1500 m bis zu 20 Grad erreicht wurden. Die Nullgradgrenze lag zu diesen Zeitpunkten deutlich über 3000 m. Der Schneedecke ging es rasch an den Kragen, sodass vor dem Spätwintereinbruch am vergangenen Dienstag (blauer Balken) auf 1500 m Seehöhe eigentlich kaum noch Schnee übrig war.

Ausgelöst wurde der Wintereinbruch von einem Vorstoß polarer Kaltluft bis nach Mitteleuropa. Mit Durchzug einer Kaltfront in der Nacht von Montag, 15.04., auf Dienstag sanken die Temperaturen und die Schneefallgrenze schnell – tatsächlich schneller als erwartet – und es wurde wieder weiß auf den Bergen. In weiterer Folge entwickelte sich zudem ein Oberitalientief, welches dann auch von der Turrach über die Südabdachung der Niederen Tauern, im Randgebirge und bis zur Soboth den Schnee zurückbrachte. Viele Wiesen, auf denen zuvor bereits der Löwenzahn blühte, wurden somit wieder winterlich weiß.

Das Gastspiel des Winters in den südlichen Gebirgsgruppen war nur ein kurzes. Alpennordseitig zogen vergangene Woche jedoch wiederholt Kaltfronten durch, welche besonders im Nordstau immer wieder zu Niederschlägen führten. Dazu blieben auch die Temperaturen während der gesamten Woche auf winterlichem Niveau, wodurch sich der Schnee halten konnte.

Abbildung 2: 72h-Neuschneesumme von Montagabend 15.04.24 - Donnerstagabend 18.04.2024 aus SNOWGRID (Quelle: GeoSphere Austria). Im Dachsteingebiet und dem Toten Gebirge, aber auch in den Ennstaler - und Eisenerzer Alpen und bis zum Hochschwab kam von Montag bis Donnerstagabend ein zum Teil ein guter halber Meter Neuschnee zusammen. Auch im Bereich des Speikkogels auf der Koralm gab es bis zu 30 cm Neuschnee, dies allerdings alleine am Dienstag, danach gab es keinen weiteren Neuschnee.
Abbildung 3: Gemessene Schneehöhen an den Wetterstationen (links o: Hohe Schrott, m: Großer Buchstein, u: Palfau Hühnerriegel, rechts o: Planneralm Loipe, m: Seetaler Alpe, u: Turrach).

Auch die Wetterstationen zeigen Wintereinbruch eindrücklich anhand des Schneehöhenverlaufs. Der erste Schwung Neuschnee kam in der Nacht von Montag auf Dienstag bzw. am Dienstag selber. In weiterer Folge gab es im Nordstau immer wieder Schneefall (Abb.3., Grafiken links). Insgesamt sind seit Dienstag am Dachstein, im Toten Gebirge und auch in den Ennstaler Alpen und dem Gesäuse zwischen 40 und 60 cm Neuschnee zusammengekommen (Stand 20.04.24, 08:00; Nachtrag 21.04.24, 09:00: 60 - 100 cm). In den Niederen Tauern und südlich des Alpenhauptkamms kam der Großteil des Neuschnees hingegen am Dienstag, dem 16.04, seitdem ist kaum mehr Schnee dazugekommen und die Schneedecke hat sich gesetzt.

Abbildung 4: Panoramakamera auf der Planneralm – es ist wieder winterlich (https://planneralm.panomax.com/), vom oben: 13.04.2024, unten: 19.04.2024.

Schneedecke

Neu- und Triebschnee wurden auf einer durchfeuchteten Altschneedecke (bzw. aperen Flächen) abgelagert. Zum Teil bildete sich ein Schmelzharschdeckel am Übergang vom durchnässten Altschnee zum Neuschnee. Die diffuse Strahlung und die warme, feuchte Altschneedecke haben eine rasche Setzung der Neuschneedecke und eine gute Verbindung zur Altschneedecke beschleunigt. Durch die wiederholten Schneefälle bei unterschiedlichen Windverhältnissen konnten sich jedoch Triebschneepakete auf lockeren Neuschneeschichten ablagern, somit sind die Grundvoraussetzungen für Schneebrettlawinen (Brett und Schwachschicht) gegeben und in den kommenden Tagen sollte man frischen Triebschnee unbedingt mit Vorsicht beurteilen!

Aussicht

Abbildung 5: Geopotential und Druckverteilung auf 500 hPa.
Ein Hoch über dem Atlantik und ein Tief über Skandinavien führen polare Kaltluft nach Mitteleuropa.
Abbildung 6: 24h Niederschlagssummen aus dem Modell AROME bis zur Nacht von Samstag auf Sonntag. (Quelle: GeoSphere Austria)

Der Schwerpunkt liegt dabei neuerlich zwischen Dachstein und Gesäuse, wo wir 30 – 40 cm Neuschnee erwarten, aber auch das Hochschwabmassiv und die Nördlichen Niederen Tauern erhalten neuerlich Schneenachschub (verbreitet 10 – 20 cm). Der frische Triebschnee lagert nun zum Teil auf Schichten aus lockeren Neuschnee bzw. beinhaltet selber lockere, störanfällige Schichten. Im Nordstaubereich, wo in der vergangenen Woche dann insgesamt bis zu 1 m Neuschnee zusammengekommen sind (inkl. Des Niederschlags am Samstag), gibt es nun einige, zum Teil schlecht erkennbare Gefahrenstellen im Gelände, wo Schneebrettlawinen im Triebschnee nun durchaus mittlere Größe erreichen können. Die niedrigen Temperaturen konservieren den Neu- und Triebschnee auch in den kommenden Tagen und somit bleibt er übers Wochenende störanfällig. Obwohl sich die Saison langsam dem Ende zuneigt, ist somit die erhebliche Lawinengefahr in den Hochlagen zwischen Dachstein und Ennstaler Alpen zu beachten.

Zu guter Letzt noch ein Blick auf die weitere Entwicklung: Auch in der kommenden Woche bleibt Österreich in der kalten Luftmasse und das Wetter bleibt unbeständig und spätwinterlich, wie die Ensembleprognose für den Dachstein zeigt (Abb 7)

Abbildung 7: Ensembleprognose (Quelle: ECMWF, GeoSphere Austria) der akkumulierten Neuschneemenge für die nächsten Tage. Immer wieder ist Neuschnee in Sicht, der Spätwinter hält weiter an.

Markante Erwärmung - Rekordtemperaturen und ansteigende Lawinengefahr

Milde und trockene Luft aus Nordafrika sorgt ab 05.04. für äußerst milde Temperaturverhältnisse in allen Höhenlagen. Noch nie war es so früh im Jahr so mild, auch nicht im den Bergen. Am Sonntag (07.04.) sind einige Temperaturrekorde im Gebirge für den April gefallen. So wurde bereits zumittag der Rekord an der Station Schmittenhöhe (S) in 1956m aus dem Jahr 1934 (16,4 Grad) mit 16,7 Grad übertroffen, auch auf der Rudolfshütte (S, 2317m), dem Feuerkogel (OÖ, 1618m) oder der Rax (NÖ, 1547m) sind bereits neue Rekordtemperaturen im April erreicht (Stand 07.04. 12:15). Alle bisherigen Höchstwerte wurden zudem erst (viel) später im April registriert. Auch die Daten der steirischen Stationen bestätigen die unglaublich milde Phase zu Beginn des Monats April.

Ein ausgeprägter Hochdruckkeil führt milde und trockene Luftmasssen in die Alpen und sorgt für Sommerwetter und Rekordtemperaturen. Quelle GeoSpehre Austria 

Die massiver Erwärmung wirkt sich zusammen mit der Sonneneinstrahlung natürlich markant auf die Schneedeckenstabilität und somit auf die Lawinengefahr aus. Es kommt zu einem vermehrten Wassereintrag und somit zu einer kompletten Durchnässung der Schneedecke bis in hohe Lagen und das in sämtlichen Expositionen. Durch den Festigkeitsverlust und die Destabilisierung steigt die Gefahr von spontane Nassschneelawinen und Gleitschneelawinen an. Touren und Unternehmungen sollten in diesen Tagen gut geplant und früh beendet werden.

SNOWPACK-Modellanalyse vom Standort am Großen Buchstein im Gesäuse (2089m). Zu sehen ist der Wassergehalt in der Schneedecke.  Auch wenn die Schneehöhe hier standortbedingt überdurchschnittlich ist, ist die massive Durchfeuctung deutlich zu erkennnen. Dort, wo noch eine Schneedecke vorhanden ist, ist diese somit bis in hohe Lagen und sämtlichen Expositionen verbreitet durchfeuchtet. Quelle: Snowpack/LWD Stmk
Schneeprofil einer 0-Grad isotheremen und durchfeuchteten Schneedecke in einem nordost exponierten Hang in 2000m Höhe in den Niederen Tauern (06.04.). Quelle: LAWIS
Die Messstation am Großen Rotbühel in den Wölzer Tauern, im Hintergrund frische und ältere Gleitschneelawinen, die durch zunehmende Durchfechtug z.Z. vermehrt auftreten und jederzeit in sämtlichen Expositionen abgehen können. Quelle: LWD Stmk. 
Das SNOWGRID-Modell (Differenz Schneehöhe (cm) von 05. bis 07.April, 08:00 Uhr UTC) zeigt sehr anschaulich die Auswirkung der derzeitigen Wetterverhältnisse auf die Schneedecke. Die Schneehöhen nehmen rassant ab, wie auch recht deutlich an den Schneepegeln der Messstationen zu erkennen ist. Mittlere Lagen appern zunehmend aus. Quelle: GeoSphere Austria 

Saisonabschluss 2024

Wir laden euch auch heuer wieder sehr herzlich zum Saisonabschluss ein! Zusätzlich zur Prämierung der besten Bilder der Saison 2023/24 wird es einen Fachvortrag über Lawinenzeiten, historische Schadereignisse sowie deren Ursachen und Folgen geben. Wir freuen uns auf euer Kommen am Donnerstag, dem 2. Mai um 18 Uhr im üblichen Hörsaal HS 11.03 an der Universität Graz.

Für die Fotoprämierung werden eure Beiträge bis inklusive 7. April berücksichtigt.