Kurzeitig turbulente Phase mit reger Lawinenaktivität am 29.12. und 30.12.

Am 29. und 30. Dezember sorgte ein turbulenter Wetterverlauf für eine markante Wetter-und Lawinenphase. Eine Störungszone (Höhentrog) überquerte am Mittwoch (29.12.) den Ostalpenraum und sorgte entlang der Nordalpen und der Niederen Tauern für anhaltenden Schneefall, der von stürmischem West- bis Nordwestwind begleitet wurde. In Summe fielen bis zu 50cm Neuschnee bei einer Schneefallgrenze zwischen 1200m und 1500m. Kurzzeitig herrschte somit in den Nordalpen und den Niederen Tauern speziell über der Waldgrenze ein ausgeprägtes Triebschneeproblem (teils sehr störanfällige gebundene Schneeauflage), in tieferen Lagen begann mit Regen die Anfeuchtung der Schneedecke. In der Nacht auf Donnerstag zog von Westen eine massive Warmfront über die Alpen. Sie sorgte wiederum in den nördlichen Gebirgsregionen für bis zu 40mm Niederschlag, der regionsabhängig bis 2500m Höhe als Regen fiel. Ab 30.12. sorgte Hochdruckeinfluss und eine extrem milde Westströmung für Temperaturrekorde!

 

Registrierte Niederschlagsmengen von Stationen in „Hot-Spots“ im Norden (Dachstein, Edelbodenalm) sowie im Süden mit kaum Niederschlag (Stolzalpe). Temperaturverlauf während der zwei Ereignisse an ausgewählten Stationen – Regen bis in sehr hohe Lagen am 30.12. Quelle: Lawis

Als Folge der beschriebenen Wetterphase wurden am 30.12. eine hohe Lawinenaktivität erwartet. Vorrangig ging man von vielen nassen Lockerschneelawinen in sämtlichen Expositionen unmittelbar zum Zeitpunkt des Regeneintrags aus. Weiters wurde mit einer regen Gleitschneeaktivität gerechnet, wobei die Abgangsbereitschaft in Bereichen, in denen die Schneedecke schon am Mittwoch angefeuchtet bzw. durchfeuchtet wurde, am höchsten war. In höheren Lagen waren auch spontane Schneebretter, bei denen die frisch entstandene, gebundene Schneeauflage durch den Regeneintrag bzw. die Erwärmung (Störung der Schwachschicht im Übergang zum Altschnee) ausgelöst wird zu erwarten. Aufgrund der vorherrschenden Schneedeckenmächtigkeit ging man hauptsächlich von Lawinen kleinerer und mittlerer Größe aus. Am 31.12. konnte sich der Lawinenwarndienst aus der Luft einen Überblick verschaffen.

Regenrillen in der Schneedecke – eindeutiger Nachweis von starkem Regen in vielen Gipfelregionen der Nordalpen (wie bspw. am Grimming) Foto: LWD Stmk
Verbreitet in sämtlichen Höhenlagen und Expositionen: Gleitschneelawinen und Schneemäuler in sehr steilen Hängen mit glattem Untergrund Foto: LWD Stmk
 
Spontane Schneebrettlawine sowie viele kleine bis mittlere Lockerschneelawinen (wie bspw. im Eiskar) an der Südseite des Dachsteinmassivs Foto: LWD Stmk
 
Siedlungsgebiete waren aufgrund der geringen Auslauflänge aber nicht gefährdet. Exponierte Wege lagen stellenweise im potenziellen Verschüttungsbereich. Foto: LWD Stmk   
 
Nasses Schneebrett sowie Grundlawine in der Westrinne des Schattner Zinken Foto: Schitter Franz 31.12.2022

Erwärmung, Regeneintrag, Nass- und Gleitschneeaktivität ab 13.12.

Mit einer Warmfront, die in der Nacht von Sonntag auf Montag die Steiermark erreicht hat, stellt sich die Lawinensituation nachhaltig um. Das Triebschneeproblem beschränkt sich mehr und mehr auf sehr hohe und schattige Lagen und die Nass- und Gleitschneelproblematik gewinnt kurzzeitig an Bedeutung. Spontane Abgänge können durchaus exponierte Verkehrswege erreichen, die Lawinen nehmen aber aufgrund der noch begrenzten Schneehöhe keine sehr großen Ausmaße an (Größen 1 bis 3).

Nassschneelawine vom Tamischbachturm, Ennstaler Alpen. Foto: Kren
Gleitschneemaul im Bereich Polster/Präbichl am 14.12. 9:00. Foto: LWD Stmk.
Dieselbe Stelle einige Stunden später. Foto: LWD Stmk

Am 13.12. hat es bis in hohe Lagen geregnet (bis mindestens 2000 m westlich vom Hochschwab und bis etwa 1700 m östlich davon), was in den vom Regen betroffenen Gebieten zu einer vollständig durchnässten Schneedecke in tiefen und mittleren Lagen und einer Eislamelle in hohen Lagen geführt hat.  

Rinnen als typische Zeichen von Regeneintrag und teilweise durchnässte Schneedecke bis etwa 1500 m hinauf. Foto: LWD Stmk. 
Glaseis und Eislamellen an der Schneeoberfläche bis 2000 m hinauf. Foto: LWD Stmk. 

Mit der Abkühlung am Mittwoch haben wir derzeit also klassische Bruchharschbedingungen. Stellenweise "kaum zum dafoan" wurden dem LWD auch von sehr guten Skifahrern gemeldet.  Die Gleitschneeproblematik lässt langsam wieder nach und bis zu den nächsten nennenswerten Schneefällen erwarten wir eine eher entspannte Lawinensituation. 

Weitere Aussicht: Die Harschkruste/Eislamelle, die derzeit vielerorts die Schneeoberfläche bildet, kann sich nach Einschneien zeitverzögert zu einer kritischen Schicht entwickeln (Bildung kantiger Formen ober- und unterhalb der Kruste), die zu einem anhaltendem Altschneeproblem führen kann. Diese Schicht wird auf jeden Fall zu beobachten sein. 

"Gespannte" Triebschneelage zwischen 5. und 12.12.2021

Die Woche vom 05.12. bis zum 12.12.2021 stand unter dem Einfluss zweier Adriatiefs, welche am 05.12. als auch am 09.12. vor allem das Steirische Randgebirge mit reichlich Schnee versorgten. Im Zuge von Annäherung, Frontdurchgang und Abzug der Tiefdruckgebiete entstanden im gesamten steirischen Bergland stark differierende Windverhältnisse mit wechselnden Windrichtungen und Stärken, die zu laufenden Schneeverfrachtungen des Schnees führten. Bis auf eine föhnbedingt kurze und mildere Phase am 08.12. blieb es kalt, eine wirkliche Setzung er Schneedecke fand daher nicht statt. In dieser Woche wurden mehrere spontane Lawinenabgänge registriert, auch Unfälle mit Personenbeteiligung wurden gemeldet.

Permanent wechselnde Windverhältnisse in den Rottenmanner Tauern (Quelle: LWD)
 
Spontanes Schneebrett am 12.12. im Koralmgebiet. Foto: LWD
Spontanes Schneebrett am 12.12. im Koralmgebiet. Foto: LWD

 

Staublawine am 10.12. an der Grimming-Ostseite vom Multereck. Foto: IBTP Koschuch

 

Staublawine am 10.12. an der Grimming-Ostseite vom Multereck. Foto: IBTP Koschuch

 

Windverfrachungen am 12.12.2021 am Plankogel (Steir. Randgebirge). Foto: A.Riegler

 

Erst in der Nacht von 12. auf 13.12. kam es im Zuge einer Warmfront zu einem markanten Temperaturanstieg sowie vor allem in den obersteirischen Nordstaugebieten bis in mittlere Höhenlagen zu etwas Regeneintrag in die Schneedecke. Damit wurde die „angespannte“ Triebschneesituation etwas entschärft.

Lawinenunfall Sonntagskogel, Triebener Törl, 04.12.2021

Am Nachmittag des 04.12.2021 ereignete sich in den Triebener Tauern (Region: Seckauer Tauern) im Bereich zwischen Sonntagskogel und Triebener Törl ein Lawinenunfall. Eine Person zog sich dabei Verletzungen zu und wurde von der Besatzung des Notarzthubschraubers geborgen und ins Spital geflogen.

Überblicksaufnahme mit vermuteter Lawinenbahn. (Foto: Alpinpolizei)

Tückische Lawinensituation!

In den Niederen Tauern herrscht eine tückische Lawinensituation. Kämme- und Grate sind abgeweht und in den Rinnen liegt der kalte und spröde Triebschnee. Schollen brechen sehr leicht ab. Obwohl es speziell in den Seckauer Tauern wenig Schnee ist, können Schneebretter ausgelöst werden.

Im Bereich des Sonntagskogels gab es heute auch den ersten Lawinenunfall. Daten und Fakten werden ehestmöglich nachgeliefert.  

 

Seckauer Tauern, Blick Lahneck Südrinne. Rinne hat ostseitige Einwehungen  Quelle: M. Edlinger

Auf ca. 1700m ist der Triebschnee sehr spröd.  Schneeauflage: ca. 50cm  Quelle: M. Edlinger