Ausgeprägtes Altschneeproblem in Kombination mit frischem Triebschnee

Am Wochenende sorgte Triebschnee in Kombination mit einem schwachen Schneedeckenfundament in der Steiermark für viele von Skifahrern ausgelöste Schneebrettlawinen. Betroffen waren vor allem die Niederen Tauern, vereinzelt aber auch die Nordalpen.

Exemplarisch beschreiben wir hier eine Schneebrettlawine, die von einer Gruppe Tourengeher in den Seckauer Tauern am Samstag ausgelöst hat.

 

Überblick über die Lawine, die südseitig etwas über 1900m nahe des Schaunitztörls in den Seckauer Tauern ausgelöst wurde. Quelle: BMI/LWD

Unmittelbar im Anrissbereich wurde von der Alpinpolizei (AEG Murtal) und der Bergrettung (ÖBRD Knittelfeld) ein sehr lehrreiches Schneeprofil aufgenommen.

Bergrettung und Alpinpolizei bei der Schneedeckenuntersuchung direkt am Anriss. Quelle: AEG Murtal/ÖBRD Knittelfeld.
 
Quelle: AEG Murtal/ÖBRD Knittelfeld

Das Profil zeigt den gebundenen Triebschnee der vergangenen Tage auf einer weichen Harschkruste, unter der eine ausgeprägte Schwachschicht aus kantigen Kristallen liegt. Die Schneebrettlawine wurde höchstwahrscheinlich in einem Bereich mit weniger Schnee als im Profil abgebildet, also im Randbereich der Rinne ausgelöst.

Diese Schwachschicht ist derzeit in den steirischen Bergen über etwa 1800m verbreitet vorhanden. Das verharschte, stabile Fundament darunter (die untersten 45cm im Profil) haben wir der sonnseitigen Exposition zu verdanken. In höheren Lagen und schattseitig enthält auch das Fundament Schwachschichten und Schwimmschnee direkt über dem Boden, was den Schneedeckenaufbau zusätzlich schwächt. Weitere Schneeprofile und Beschreibungen von Lawinenereignissen des Wochenendes können unter „Aktuelles --> LAWIS“ auf der Homepage des Lawinenwarndienstes nachgelesen werden.

Wir haben es also mit einem ausgeprägten Altschneeproblem zu tun und dieses wird uns noch längere Zeit erhalten bleiben. Auch wenn in den nächsten Tagen die Erwärmung eine Entspannung der Situation bringen dürfte und die Schwachschichten nicht mehr so leicht störbar sein werden, wird es vermutlich für den Rest der Saison in den Einfahrten zu schattigen Rinnen und generell in den Hochlagen im Übergang von wenig zu viel Schnee Gefahrenstellen geben, die von außen nicht leicht zu erkennen sind und sich auch nicht durch die typischen Gefahrenzeichen ankündigen. Ab und zu ein kurzer Blick in die Schneedecke kann helfen diese Gefahrenstellen zu erkennen. 

Tödliches Lawinenunglück am Greim

Am Freitag ereignete sich am frühen Nachmittag ein tödliches Lawinenunglück nahe des Greim in den Wölzer Tauern, bei dem eine Person ums Leben kam.

Das Unglück ereignete sich am Osthang des dem Greim vorgelagerten Sandkogel. Zwei Tourengeher lösten eine Schneebrettlawine aus, wobei auf einer Breite von 400 bis 500 Meter der gesamte seit Dienstag gefallene Triebschnee auf der Altschneedecke abglitt.

Sandkogel Ost, Übersicht über die Lawine. Foto: BMI

Eine detailliertere Aufarbeitung der Ursachen dieser Lawine folgt in Kürze.

Schneebretter Stuhleck

Lawinenunfälle Stuhleck:

Am 07.01.2021 und am 08.01.2021 ereigneten sich im Steinkorb zwei Lawinenunfälle. Beide Unfälle sind glimpflich ausgegangen.

Am 07.01.2021 hat eine Person in der Abfahrt auf einem SO Hang eine Lawine ausgelöst und ist ca. 150m mitgerissen worden. Sie wurde nicht verschüttet, jedoch Teile der Ausrüstung.

Nur ca. 70m entfernt ereignete sich am 08.01.2021 ein zweiter Abgang. Eine  fünfköpfige Gruppe war gerade im Aufstieg, als sie das Schneebrett zur Auslösung brachte. Drei Personen rutschten mit den Schollen mit.

Kurzanalyse:

Wie kam es zu den Unfällen? Im Bereich des Stuhlecks liegt ja nicht gerade viel Schnee. Blicken wir auf die nächstgelegene meteorlogische Station am Hochwechsel, dadurch können wir das Rätsel lösen:

Abbildung 1: meterologische Messdaten von der benachbarten Station Hochwechsel

 

Die Niederschlagsdaten zeigen, dass es in der zweiten Nachthälfte von 05.01. auf 06.01.2021 Niederschlag gegeben hat. Insgesamt sind im Bereich Stuhleck ca. 20cm Neuschnee gefallen. Der Südwind transportierte den kalten flockigen Schnee in den West- und Nordsektor. Danach drehte die Windrichtung auf West und die südostausgerichteten Hänge des Steinkorbs wurden somit mit dem kalten Triebschnee eingeweht. Es herrschten optimale Verfrachtungsbedingungen: kalter Schnee und Windgeschwindigkeiten zwischen 40 und 60km/h. Der Triebschnee lagerte sich auf eine dünne Schmelzharschkurste ab, die zuvor aufgrund der Sonneneinstrahlung entstanden ist. Darunter lag eine Schicht mit kantigen Formen (umgewandelter Oberflächenreif, welcher von 31.12.2020 auf 01.01.2021 entstanden ist). Aufgrund des vorliegenden Schneedeckenaufbaues (sie Profil) konnten die Schneebretter ausgelöst werden. 

Abbildung 2: Schneebrett vom 07.01.2021

Abbildung 3: Schneebrett vom 08.01.2021

Abbildung 4: Lawinengröße vom 08.01.2021

Aktuelle Lage und Ausblick

Aktuell: Triebschneeproblem!

Seit Weihnachten sind in der Steiermark bis zu 30cm Neuschnee gefallen. Der Schwerpunkt lag dabei in den Nordalpen, wo unterhalb von etwa 1800m leider noch die Schnee-Unterlage fehlt. Dennoch herrscht oberhalb von 1800m ein Triebschneeproblem. Ab Sonntag setzt stürmischer Südföhn ein, der für neue Gefahrenstellen in Nord- und Osthängen führt. Auch wenn die Anzahl der Gefahrenstellen und die zu erwartenden Größe einer möglichen Schneebrettlawine derzeit begrenzt sind und Gefahrenstellen für erfahrene Tourengeher/innen gut erkennbar sein sollten (frisch eingewehte Bereich in den Hochlagen), ist Vorsicht geboten, da Lawinen vereinzelt schon durch die geringe Zusatzbelastung eines einzelnen Tourengehers ausgelöst werden können!

Ausblick: Neuschnee vor allem im Südwesten der Steiermark

Am Montag erreicht uns eine Störung mit Sturm und Neuschnee von Süden her. Laut heutigen Prognosen (die noch ein wenig unsicher sind) werden in den Gurktaler Alpen bis zu 40cm und auf der Südseite der Niederen Tauern (von Westen nach Osten abnehmend) und auf der Koralpe noch 15cm erwartet. Nördlich des Alpenhauptkamms und in den östlichen Gebirgsgruppen der Steiermark werden es wohl nur 10cm Neuschnee oder weniger sein.

Hier noch ein Beispiel der unterschiedlichen Neuschneeprognosen für den heurigen „Schnee-Hotspot“ der Steiermark, die Turracher Höhe: Je nach Modell könnten bis Dienstag zwischen gut 20 und fast 40 cm Neuschnee fallen.

Neuschneeprognosen für die Turracher Höhe. Quelle: ZAMG

Derzeitige Schneeverteilung in der Steiermark und Ausblick

Die letzten Niederschläge in der Steiermark mit Schnee fielen bereits in der ersten Dezember-Dekade, seither dominiert Hochdruckwetter mit viel Sonne und milden Temperauren im Gebirge und zäher Hochnebel in den Niederungen, wo es mancherorts der sonnenärmste Dezember seit Aufzeichnungsbeginn werden könnte.

Die schneebringenden Tiefs kamen von Süden, entsprechend präsentiert sich die Schneeverteilung in der Steiermark mit reichlich Schnee in den Gurktaler Alpen und an der Südseite der Schladminger Tauern sowie noch ausreichend Schnee im steirischen Randgebirge. Die schneebringenden Nordstaulagen für die nördliche Obersteiermark blieben hingegen bisher aus.

 

Verteilung der Gesamtschneehöhe in der Steiermark, Analyse vom 20.Dezember 2020. Quelle: ZAMG/SNOWGRID
 
Massenansturm auf den Hirschegger Speikkogel, die Sonnseiten apern bereits aus. Foto: LWD

 

Noch ausreichend Schnee am Ameringkogel, mit 2.187m höchster Berg im steirischen Randgebirge. Foto: LWD

 

Wie geht es weiter mit dem Winter?

So wie es derzeit aussieht, ist in nächster Zeit mit keinen größeren Schneemengen zu rechnen. Bis zum 24.12. fällt in der nördlichen Obersteiermark ein wenig Niederschlag, das meiste dürfte aber in Form von Regen sein. In der Nacht auf 25.12. kühlt es dann markant ab und bis zum 26.12. fällt immer wieder etwas Schnee. Bei Temperaturen um -13 Grad in 2.000m dürften aber zumindest die Schneekanonen den Schigebieten mehr Schnee bringen. Zum Jahresende hin wird dann wieder etwas milder.

Niederschlagsprognose bis 29.12.2020. Quelle ZAMG/ECMWF