Einige Lawinenunfälle am vergangenen Wochenende. Besonders im Nordstau ist Neuschnee in Sicht!
Nach einer wechselhaften Wetterphase war der vergangene Sonntag, 29.01.2023, der erste Schönwettertag seit Längerem. Wie so oft ereigneten sich an auch an diesem „ersten Schönwettertag nach längerer Schlechtwetterphase“ gleich mehrere Lawinenabgänge mit Personenbeteiligung.
Zusammen mit der Alpinpolizei konnte sich der LWD am Montag, 30.01.2023 einen Eindruck der Lawine im Bereich Edelfeld - Grübelsee in den Südlichen Schladminger Tauern verschaffen. Beteiligt am Lawinenabgang waren insgesamt 6 Personen (2 Gruppen zu jeweils 3 Personen). Eine Gruppe löste am 29.01. bei der Abfahrt eine Schneebrettlawine im Einfahrtsbereich einer Rinne unterhalb des Grübelsees aus (siehe LAWIS). Eine weitere Gruppe befand sich zu diesem Zeitpunkt weiter unten im Aufstieg. Eine Person der Gruppe wurde mitgerissen und verschüttet, konnte aber rasch durch Kameradenrettung geborgen werden. Aufgrund von Verletzungen musste die Person jedoch ins Krankenhaus geflogen werden.
Unsere Erhebungen im Bereich des Anbruchs zeigen als Auflage ein gut gebundenes Schneebrett, bestehend aus runden, abgebauten Kornformen (Triebschnee), mit weicheren Einlagerungen (mit Filz, weniger Windeinfluss). Darunter findet man die relevante Schwachschicht in Form von großen, lockeren, kantigen Kristallen, die sich auf einer Harschschicht bildeten. Die Schwachschicht bildete sich vermutlich durch den Prozess „Kalt-Auf-Warm“ nach dem Einschneien der Kruste ab dem 16.01.2023. Die darunterliegende Kruste ist das Überbleibsel des Schnees nach dem Weihnachtstauwetter, war stellenweise unterschiedlich hart bzw. mit eingelagerten Schichten von kantigen Kristallen
Unsere Stabilitätsuntersuchungen (ECTP11@40cm) ergaben auch am Tag nach dem Lawinenunfall weiterhin große Störanfälligkeit, der Triebschnee ist schlecht mit der darunterliegenden Altschneedecke verbunden.
Dieses Muster ist momentan an vielen Stellen in der Steiermark zu finden, insbesondere an den Südhängen können teils mit geringer Zusatzbelastung Schneebrettlawinen im Triebschnee ausgelöst werden. Besonders kritisch sind hier Einfahrtsbereiche zu steilen Rinnen und Mulden sowie der Übergang von wenig zu viel Schnee. In diesen Bereichen konnte sich ein gebundenes Schneebrett bilden (durch Schneeverfrachtung (Triebschnee) und Setzung), welches gute Voraussetzungen für eine Bruchausbreitung und Schneebrettlawinen bedeutet. Auch die weiteren Lawinenereignisse am 29.01. wurden vorrangig aus Ost- bis Südexpositionen gemeldet, wo sich durch die Windverfrachtung der letzten Tage vermehrt frischer Triebschnee ablagern konnte (siehe LAWIS Ereignisse vom 29.01.2023, www.lawis.at).
Bei den meisten Unfällen ist glücklicherweise nichts passiert und es war kein Einsatz der Bergrettung nötig. Dennoch ist die Meldung solcher Lawinenereignisse immer wichtig für uns und die Rettungskräfte! Vielen Dank dafür!
AUSBLICK
Nun stellt sich wieder eine winterliche Wetterphase ein. Besonders im Nordstau ist in den kommenden Tagen mit viel Neuschnee und dazu stürmischem Nordwestwind zu rechnen. Die Lawinengefahr wird deutlich ansteigen.
Hier ein Überblick zum weiteren Wetterverlauf:
In der Nacht von Montag auf Dienstag sind im Nordstaubereich bereits 20 – 30 cm Neuschnee zusammengekommen, lokal auch etwas mehr. Der Schnee wurde vom orkanartigen Wind bis in kammferne Bereiche und in den Wald verfrachtet und dort als Triebschnee abgelegt. Beginnend in der Nacht auf Mittwoch setzt im Nordstau wieder leichter Schneefall ein, welcher mit Unterbrechungen bis Mittwochabend anhält. In der Nacht zum Donnerstag intensiviert sich der Schneefall zunehmend und es schneit vom Donnerstag bis zum Wochenende meist anhaltend und intensiv. Voraussichtlich hält die schneereiche Wetterphase sogar bis zur Mitte nächster Woche an, Details sind hier aber noch unklar. Abbildung 1 zeigt den akkumulierten Niederschlag von heute Dienstag, 31.01.23 00 Uhr bis Montag 06.02.23 00 Uhr. Der Schwerpunkt liegt dabei eindeutig im Nordstaubereich, zwischen Dachstein, dem Toten Gebirge und dem Hochschwab. Dazu weht während des gesamten Zeitraums meist stürmischer Nordwestwind, der den frischen Schnee massiv in alle Expositionen verfrachtet.
Die akkumulierte Neuschneemenge am Hösskogel zeigt, dass bis zum Montag, 06.02.2023, ein guter Meter Neuschnee im Bereich des Toten Gebirges zu erwarten ist. Die blau-eingefärbten Bereiche geben die Wahrscheinlichkeit für die jeweilige Neuschneemenge an. Wird die Unsicherheit der Wetterprognose ab Freitag deutlich größer, hier spielen die Höhe der Schneefallgrenze sowie die genauen Niederschlagsmengen eine Rolle, welche noch nicht klar zu prognostizieren sind.
Abseits der Nordstaubereiche ist zwar auch Neuschnee zu erwarten, jedoch deutlich geringere Mengen. Abbildung 5 zeigt die akkumulierten Neuschneemengen auf der Stolzalpe, im Vergleich zum Nordstau ist hier bis zum Beginn der nächsten Woche etwa ein halber Meter Neuschnee in Sicht.