Starker Erwärmungsimpuls - Die Ausaperung schreitet voran

Frühlingshafte Bedinungen halten bereits seit einiger Zeit auf den Bergen Einzug. Trotz einer kurzen Unterbrechung am Mittwoch und Donnerstag, 15.&16.03.2023, und etwas Neuschnee im Nordstaubereich, schreitet die Ausaperung aufgrund der anhaltenden Wärme weiter voran. Die Grafik unserer Wetterstation Tamischbachturm zeigt zwei massive Erwärmungsereignisse mit tw. knapp 10 Grad auf bis zu 2000 m.

Stationsgrafik Tamischbachturm. Quelle: Lawis

Besonders die sonnseitigen Hänge sind somit bis in die Hochlagen durchfeuchtet, unterhalb der Baumgrenze liegt hier gebietsweise kaum noch Schnee oder nur eine stark durchbrochene Schneedecke.

Nur noch in den Hochlagen ist eine durchgehende Schneedecke zu finden, in tiefen und mittleren Lagen schreitet die Ausaperung voran. Quelle: Fotowebcam.eu

Schattseitig hat die Schneedecke derzeit noch mehr Kältereserven. Bis auf etwa 1500 m hat die Wärme auch schattseitig gewirkt und die Schneedecke ist oberflächlich feucht, in höheren Lagen hat die Schneedecke noch Kältereserven. Derzeit ist die Schneedecke in den Nordhängen noch recht stabil, Schwachschichten in den Triebschneeansammlungen vom 15 & 16.03.2023 haben sich durch den Wärmeeinfluss abgebaut und gut verbunden. Dennoch sind Schichten aus kantigen Kristallen tiefer in der Schneedecke zu finden, welche bei erstmaliger Durchfeuchtung als Schwachschicht "aktiviert werden" können. Diese sind derzeit, wenn überhaupt, nur durch große Belastung anzusprechen und neigen nicht zur Bruchausbreitung.

Schneeprofil am Weg zum Stadelstein. Derzeit ist die Schneedecke stabil und kompakt. Oberflächlich hat die Schneedecke noch Kältereserven. Das Triebschneepaket vom 15. & 16.03.hat sich bereits zut mit der ehemaligen Altschneedecke verbunden und es konnte beim ECT Test kein Bruch ausgelöst werden. Schichten aus kantigen Kristallen um Schmelzkrusten können bei weiterer Durchfeuchtung als Schwachschicht "reaktiviert" werden, auch wenn sie derzeit nicht auf Schneedeckentests ansprechen.

Bis inklusive Sonntag hält die Wärme bis in hohe Lagen an. Mit einer Drehung des Windes auf nördliche Richtungen kühlt es Sonntagabend jedoch vorübergehend etwas ab und am Montag kann es in allen Gebirgsregionen oberhalb von 1500 m vorübergehend leicht schneien. Die Niederschlagsmengen sind aber überschaubar.

Druckverteilung über Europa. Am Montag liegen die Alpen in nördlicher Anströmung und es wird vorübergehend etwas kälter.
24h Niederschlag vom Montag. Die Niederschlagsmengen bleiben gering.

Tödlicher Lawinenunfall in der Steiermark

Am Samstagnachmittag (11.03.2023) startete ein Skitourengeher Richtung Sarstein. In einer extrem steilen Rinne kurz unterhalb des Sarstein-Gipfels löste er im Aufstieg ein Schneebrett im frisch eingewehten Triebschnee aus. Die Anrisshöhe betrug dabei ca. 40 cm und riss den Skitouren geher mit, welcher in Folge etwa 80 cm tief verschüttet wurde. Die Person war alleine unterwegs und konnte erst in der Nacht von Samstag auf Sonntag gefunden werden. Mit diesem Unfall, der tödlich ausgegangen ist, hat die Steiermark den ersten Lawinentoten in der Saison 2022/2023.

Übersichtsbild der Lawine am Sarstein, 12.03.2023    Quelle: Bergrettung
Am Lawinenkegel bei der nächtlichen Bergung, 12.03.2023.   Quelle: Bergrettung
Lawinenbahn, 12.03.2023 Quelle: Alpinpolizei

Unsere Unfallerhebung in Zusammenarbeit mit der Alpinpolizeit am Montag, 13.03.2023, zeigte, dass es sich um ein frisches Triebschneebrett handelte, welches auf einer aufbauend umgewandelten Schicht aus kantigen Kristallen zu liegen kam. Vermutlich befanden sich in dieser schattseitigen, geschützten Rinne auch noch Reste von Oberflächenreif auf der Altschneeoberfläche. Diese frisch eingeschneite Schwachschicht zusammen mit dem spröden Triebschneepaket, stellten die Voraussetzungen für eine Schneebrettlawine dar.

 

Daten der meteorologischen Station am Sarstein. Der Ausschnitt links (roter Rahmen) zeigen die Daten vom Unfalltag, der rechte Asschnitt (gelber Rahmen) den Zeitraum 05.03 bis 17.03, rot markiert der Unfalltag).  Die Stationsgrafik unserer Wetterstation am Sarstein zeigt klare und kalte Verhältnisse in den Tagen vor dem Unfall. Am Tag vor dem Unfallereignis stieg die Temperatur in der Wetterstation leicht ins Positive, in der kalten NO-Exposition reichte die Erwärmung jedoch wahrscheinlich nicht aus um den Oberflächenreif komplett zu zerstören. Der danach auflebenede Wind lagerte Triebschnee darauf ab, welcher am Unfalltag zu einer heiklen Situation für Skitourengeher führte.
 
Der Stabilitätstest im Anbruchgebiet zeigte am Montag bereits eine Entspannung der Situation und brach nur noch mit Widerstand bei größerer Belastung. Durch die Erwärmung entspannte sich die Situation rasch. Quelle: LWD

Einsatzübung mit der AEG Murtal

Am Freitag den 9.3.2023 war der LWD eingeladen an der Einsatzübung der Alpinpolizei Murtal teilzunehmen. Im Mittelpunkt der Übung standen die Themen: Spurwahl, Tourenplanung und Schneedeckenuntersuchungen.

Die Tour führte vom Bretsteingraben aus auf den Kreuzkogel. Der LWD konnte sich zudem noch ein Bild machen über die spontanen Lawinen und deren Größen, die Anfang Februar abgegangen sind.

Anstieg auf den Kreuzkogel      Quelle: LWD

 

Die Lawinen, die sich Anfang Februar lösten erreichten den Talboden und rissen viele Bäume mit.   Quelle: LWD

 

Besonders viele Lawinen lösten sich aus den Ost- und Westrinnen.  Quelle: LWD

 

Die Schneelage in den Niederen Tauern ist noch hervorragend. Aufgrund der milden Witterung wurde der Schnee bis in die Gipfelregionen oberflächlich feucht. Quelle: LWD

Fachliche Gespräche über die Lawinensituation rundeten die gelungene Übung ab.

Erkundungsflug am 07.02.2023

Am 07.02.2023 wurde ein Erkundungsflug durchgeführt. Es wurde festgestellt, dass es in den Schladminger Tauern, sowie in den Wölzer Tauern und im Gesäuse letztes Wochenende zu zahlreichen spontanen Lawinenabgängen gekommen ist. Besonders betroffen waren die Ostseiten. Die Lawinen haben bis auf die bodennahen Schwachschichten durchgeschlagen und deshalb gab es zahlreiche Größe 3 und 4 Lawinen. Aber auch in den anderen Expositionen wurden spontane Abgänge registriert.

In den südlichen Schladminger Tauern wurden viele spontane Lawinen registriert.

 

Meist erreichten die Lawinen die Täler und verschütteten auch Forststraßen.

 

Im Bereich Vordernberg gab es viele spontane Lawinen.

Viel Schnee in den Staulagen - Große Lawinengefahr

Der angekündigte Niederschlag ist in den Staulagen wie prognostiziert gefallen. In Summe (seit Mittwoch, 01.02.) sind in den Hotspots - Hochschwabregion, Eisenerzer Alpen, Gesäuse, Totes Gebirge, Dachsteinregion - bis zu 150cm Neuschnee gefallen. Mit dem anhaltenden stürmischen Wind entstanden teils mächtige Ablagerungen bis in den Waldbereich, große Lawinengefahr war die Folge. Bereits in der Nacht auf Freitag kam es zu ersten Meldungen von spontanen Lawinenabgängen auf Straßen. Da aufgrund der widrigen Wetterbedingungen keine Erkundungsflüge möglich waren, wurden als Sicherheitsmaßnahme neuralgische, stark gefährdete Infrastruktur gesichert, gesperrt bzw. evakuiert werden. Am Freitag stieg die Schneefallgrenze an, stellenweise gab es bis auf 1200 m Schneeregen bzw. Regen. Die Folge war eine zunehmende Aktivität von nassen Lawinen, wiederum waren einige Straßen betroffen.

Nassschneelawinen verschütteten Teile der Gesäusestraße.
Nassschnelawinenabgang nach Sprengungen entlang der Hinterwildalpenstraße, 03.02.2023
Lawinenabgang im Bereich Pfaffensattel, 03.02.2023

Einige Rückmeldungen von guten Sprengerfolgen, von Schneebrettauslösungen durch Personen sowie verbreitete Gefahrenzeichen wie Wummgeräusche und Rissbildungen bestätigen die äußeres störanfällige Schneedecke, und das auch im Waldbereich!  

 

Auswahl an Schneepegel, die anschaulich den raschen Neuschneezuwachs von Donnerstag zeigt. Auch gut zu erkennen: Die rasche Setzung der Schneedecke bei nachlassen der Niederschläge, durch wirksame Erwärmung sowie Schneeregen bzw. Regen. Quelle: Lawis 
Nochmals die Schnneedeckenentwicklung anhand Schneepeegel in Kombination mit der Lufttemperatur in der Eisenerzer Ramsau. Quelle: Lawis
Neuschneesummen (mit Setzung) von 01.02. 13:00 Uhr bis 03.02.2023 13:00 Uhr. Quelle Snowgrid/GeoSphere Austria  

Ausblick

Am Freitagabend(03.02.) intensivieren sich die Niederschläge noch einmal, erneut können in den Staulagen bis Samstagmittag (04.02.) auf den Bergen 30 - 50 cm Neuschnee fallen. Dabei sinkt die Schneefallgrenze kontinuierlich bis in Tallagen. Heftig wird abermals der Wind, der exponiert Orkanböen erreicht und auch bis in die Tallagen stürmisch wird. Somit bleibt die Lawinensituation zumindest am Wochenende vorerst noch angespannt.

Nieserschlagsprognose 03.02. 14:00 Uhr bis 04.12. 14:00 Uhr im mm.

 Ab Sonntag gibt es eine deutliche Wetterbesserung. Die Restwolken lösen sich rasch auf und es scheint meist die Sonne. Der Höhenwind schwächt sich ab, aber es bleibt kalt.  Die Nassschneeproblematik entspannt sich mit den kalten Temperaturen, die feuchte Schneedecke in den mittleren bis tiefen Lagen verharscht und gewinnt an Stabilität.

Dafür rückt ganz klar das Triebschneeproblem in den Vordergrund. Mit dem besseren Wetterbedingungen werden die Gefahrenstellen zwar leichter erkennbar sein, aber sie sind sehr umfangreich. Die teils massiven Triebschneeablagerungen beinhalten mehrere Schwachschichten und gestalten sich sehr störanfällig. Besonders in Rinnen und Mulden können ausgelöste Schneebrettlawinen groß bis sehr groß werden. Im Tourenbereich bleibt die Lawinensituation vorerst angespannt!